Greenwashing: Rechtliche Fallstricke bei der Werbung mit Nachhaltigkeit

Greenwashing: Rechtliche Fallstricke bei der Werbung mit Nachhaltigkeit

18. September 2024-

veröffentlicht am 18.09.2024

© Dilok Klaisataporn / shutterstock.com


Einleitung

In Zeiten des Klimawandels und wachsender Umweltbewusstsein setzen immer mehr Unternehmen auf Nachhaltigkeit in ihrer Werbung. Begriffe wie “klimaneutral”, “umweltfreundlich” oder “nachhaltig produziert” sind aus der heutigen Werbelandschaft nicht mehr wegzudenken. Doch die Verwendung solcher Begriffe birgt erhebliche rechtliche Risiken, insbesondere wenn die beworbenen Aussagen nicht ausreichend belegt oder sogar irreführend sind. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Fallstricke beim sogenannten Greenwashing und gibt Hinweise, wie Unternehmen Abmahnungen vermeiden können.

Was ist Greenwashing?

Greenwashing bezeichnet die Praxis, durch Marketing- und PR-Maßnahmen ein umweltfreundliches oder nachhaltiges Image zu erzeugen, ohne dass die beworbenen Produkte oder Dienstleistungen tatsächlich diesen Ansprüchen gerecht werden. Es handelt sich dabei um eine Form der Irreführung, die sowohl Verbraucher als auch Mitbewerber täuscht. In rechtlicher Hinsicht ist Greenwashing problematisch, da es gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstoßen kann.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Das UWG verbietet irreführende geschäftliche Handlungen, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher zu beeinflussen. Dies gilt insbesondere für Werbung, die falsche oder unklare Angaben über die wesentlichen Merkmale eines Produkts oder einer Dienstleistung macht, einschließlich der ökologischen Vorteile.

Laut § 5 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält. Zu den relevanten Angaben zählen unter anderem:

  • die Beschaffenheit, Menge und Qualität des Produkts,
  • die Art der Herstellung,
  • die Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit des Produkts.

Wenn ein Unternehmen also behauptet, ein Produkt sei “umweltfreundlich” oder “klimaneutral”, muss diese Aussage objektiv nachweisbar und wahrheitsgemäß sein. Fehlen entsprechende Nachweise oder sind die Angaben ungenau, liegt ein Verstoß gegen das UWG nahe.

Aktuelle Abmahnungen und der BGH

In den letzten Jahren hat die Anzahl der Abmahnungen wegen Greenwashing erheblich zugenommen. Dies betrifft sowohl große Unternehmen als auch kleine und mittlere Unternehmen. Abmahnvereine und Konkurrenten beobachten Werbeaussagen zur Nachhaltigkeit zunehmend kritisch.

Lesenswert zu diesem Thema ist das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Juni 2024 (Az.: I ZR 98/23). Der BGH entschied, dass Unternehmen nicht ohne klare Erklärung damit werben dürfen, ihre Produkte seien “klimaneutral”.

Im konkreten Fall ging es um die Werbung des Süßwarenherstellers Katjes, der behauptete, seine Produkte seit 2021 klimaneutral herzustellen. Das Gericht stellte fest, dass diese Aussage irreführend ist, da die Produktionsprozesse selbst nicht klimaneutral sind, sondern lediglich durch Klimaschutzprojekte kompensiert werden. Die Verwendung des Begriffs „klimaneutral“ sei mehrdeutig und könne Verbraucher in die Irre führen, wenn nicht klar erläutert wird, was damit genau gemeint ist. Ein einfacher Verweis auf weiterführende Informationen per QR-Code reiche dafür nicht aus.

Dieses Urteil ist von großer Bedeutung, da es die Anforderungen an die Transparenz von Umweltversprechen in der Werbung verschärft. Es kommt zu einer Zeit, in der die EU ebenfalls strengere Regelungen gegen Greenwashing vorbereitet, die ab 2026 in Kraft treten sollen. Diese Entwicklungen zeigen, dass Unternehmen ihre Werbeaussagen in Bezug auf ökologische Aspekte künftig noch sorgfältiger prüfen und transparent darstellen müssen, um rechtlichen Konsequenzen zu entgehen.

Ein beliebter Abmahngrund ist auch der Begriff “biologisch abbaubar”, der gern für Verpackungen verwendet wird, obwohl die Produkte nur unter bestimmten industriellen Bedingungen abbaubar sind und nicht in einem herkömmlichen Komposthaufen zersetzt werden können.

Tipps zur Vermeidung von Greenwashing

Um rechtliche Risiken zu minimieren, sollten Unternehmen folgende Punkte beachten:

  1. Klarheit und Transparenz: Vermeiden Sie vage oder unbestimmte Begriffe. Wenn Sie Begriffe wie “umweltfreundlich” oder “nachhaltig” verwenden, sollten Sie genau erklären, was damit gemeint ist und auf welche Weise das Produkt oder die Dienstleistung diese Kriterien erfüllt.
  2. Nachweisbarkeit: Stellen Sie sicher, dass alle ökologischen Behauptungen durch objektive und unabhängige Nachweise gestützt werden können. Dies kann durch Zertifikate, Studien oder andere überprüfbare Quellen erfolgen.
  3. Ehrlichkeit bei Kompensationsmaßnahmen: Wenn Sie CO2-Kompensationen oder ähnliche Maßnahmen nutzen, um Klimaneutralität zu erreichen, sollten Sie dies transparent und deutlich kommunizieren. Verschleiern Sie diese Informationen nicht in Kleingedrucktem oder allgemeinen Aussagen.
  4. Regelmäßige Überprüfung: Überprüfen Sie regelmäßig die Richtigkeit und Aktualität Ihrer Werbeaussagen. Veränderungen in der Produktionskette oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse können dazu führen, dass frühere Aussagen nicht mehr zutreffen.
  5. Rechtliche Beratung: Lassen Sie Ihre Werbemaßnahmen von einer spezialisierten Kanzlei prüfen, um sicherzustellen, dass alle Aussagen den aktuellen rechtlichen Anforderungen entsprechen.
Fazit

Die Werbung mit Nachhaltigkeit ist ein effektives Mittel, um das Vertrauen von Verbrauchern zu gewinnen und ein positives Markenimage zu fördern. Allerdings sollten Unternehmen die rechtlichen Rahmenbedingungen genau kennen und beachten. Greenwashing birgt erhebliche rechtliche Risiken, die zu Abmahnungen, Geldbußen und Reputationsschäden führen können. Mit klaren, nachweisbaren und transparenten Aussagen können Unternehmen jedoch nicht nur rechtliche Probleme vermeiden, sondern auch das Vertrauen der Verbraucher nachhaltig stärken.

Ihr Ansprechpartner

Rechtsanwältin Christin Gehder
info@hb-ecommerce.eu

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