Postmodernisierungsgesetz (PostModG) – Bin ich als Online-Händler betroffen?

Postmodernisierungsgesetz (PostModG) – Bin ich als Online-Händler betroffen?

16. Oktober 2024-

veröffentlicht am 16.10.2024

© Stokkete / shutterstock.com


Mit dem Ziel, das Postrecht von 1997 zu reformieren, trat am 19.Juli 2024 die Postnovelle in Kraft. Die Gründe hierfür sind, dass insbesondere die digitale Kommunikation heutzutage vielfach die reguläre Briefpost ersetzt und Paketlieferungen im Online-Handel in den letzten Jahren zugenommen haben.  

Das Hauptaugenmerk der Neuregelung liegt in der Sicherstellung einer flächendeckenden Grundversorgung von Postdienstleistungen, Nachhaltigkeit, einschließlich angemessener Arbeitsbedingungen und leichterem sowie fairem Zugang von Wettbewerbern der Deutschen Post zum entsprechend wachsenden Markt der Zustelldienstleister. 

Da sich hieraus vorrangig Rechte und Pflichten für die Post-Dienstleister ergeben, stellt sich die Frage, ob und welche Auswirkungen es auf den konkreten einzelnen Online-Händler gibt. 

Anbieterverzeichnis

Eine der Neuerungen ist, dass sich Anbieter von Postdienstleistungen zwingend in ein entsprechendes Anbieterverzeichnis der Bundesnetzagentur eintragen lassen müssen. Dieses wird von der Agentur geführt, aktualisiert und veröffentlicht. Die Agentur prüft die Eignung des Unternehmens vor und regelmäßig auch nach der Aufnahme. 

Fazit: Sie als Online-Händler dürfen nur die in der Liste eingetragenen Unternehmen mit der Lieferung Ihrer Sendungen beauftragen. Die “großen Player” der Branche befinden sich auf der Liste, sodass Sie nur im Zweifel und bei einem kleineren Anbieter einen Blick in das Verzeichnis werfen sollten. 

Postversorgung über automatisierte Stationen

Neu ist weiterhin die Möglichkeit, die Postversorgung über automatisierte Stationen zu gewährleisten. Ähnlich der aktuellen Abholstationen können dort aber auch Briefe und Pakete neben der Abholung frankiert und empfangen werden. 

Fazit: Wie bisher können Sie als Online-Händler solche Stationen als Ziel der Zustellung anbieten bzw. den Kunden die Möglichkeit geben, diese dahin umzuleiten. 

Da für die Nutzung entsprechender Post- und Packstationen oftmals ein Smartphone (barrierefrei) benötigt wird, und nicht jeder Verbraucher ein Smartphone oder entsprechende Technik besitzt, können Verbraucher der Hinterlegung in einer Packstation zukünftig vorab  widersprechen. 

Fazit: Hier wird gerade dann der Fall spannend, wenn der Kunde einer Zustellung an eine Packstation widersprochen hat, die Zustellung an die Wohnadresse fehlschlägt und der Versanddienstleister dann eigenmächtig an die Packstation zur Abholung übergibt. Ob dies praktische Relevanz hat, wird sich zeigen. Wählt der Kunde aktiv im Check-Out die Lieferung an eine Packstation aus, ist das eine konkludente Zustimmung. Liegen Ihnen Informationen oder Hinweise vor (z. B. im Kommentarfeld während des Bestellvorganges), dass der Lieferung an eine Packstation widersprochen wird, sollten Sie dies Ihrem Versanddienstleister vor dem Zustellversuch mitteilen. 

Regeln der korrekten Zustellung

Auch in diesem Gesetz wird selbstverständlich der Verbraucherschutz groß geschrieben. So dürfen Pakete zukünftig bei fehlgeschlagener Zustellung nicht an weit entfernten Orten zur Abholung bereitgestellt werden. Vielmehr soll die Abholung in “unmittelbarer Nachbarschaft” oder dem „nächstgelegenen Hinterlegungsort” gewährleistet sein. 

Fazit: Hierauf haben Sie als Online-Händler nicht wirklich Einfluss, da es sich um eine Pflicht des Anbieters (Postdienstleisters) handelt. Es könnten sich jedoch Schwierigkeiten bei der Zustellung ergeben, welche Sie gegenüber dem Kunden zu vertreten haben, da u. U. eine zu weit entfernte Abholmöglichkeit als nicht erfolgreiche Zustellung gewertet wird und der Kunde nicht die Pflicht hat, diese dort abzuholen. Sie müssen dann ggf. die erneute Zustellung bzw. die Zustellung an den tatsächlich nächstgelegenen Hinterlegungsort organisieren. 

Eine Zustellung ist nur an die in der Anschrift genannten Adresse durch Aushändigung an den Empfänger zulässig. 

Eine allgemeine Ersatzzustellung kann bei fehlgeschlagenem Zustellversuch unternommen werden, aber nur dann, wenn keine gegenteilige Weisung des Empfängers oder des Absenders vorliegen. Ein Ersatzempfänger ist eine in den Räumen des Empfängers anwesende Person sowie ein unmittelbarer Nachbar des Empfängers. Die Ablage “irgendwo” ist keine Art der Ersatzzustellung. 

Die Ablage an einen konkreten bestimmten Ort oder an eine eindeutig benannte Dritte Person ist nur durch eine konkrete Weisung des Empfängers oder des Absenders möglich. 

Fazit: Da es gerade im Verbrauchsgüterkauf immer darauf ankommt, ob eine Zustellung korrekt erfolgt oder nicht, sollten entsprechende Weisungen des Kunden ernst genommen werden. Handelt Ihr gewähltes Versandunternehmen diesem dann trotz Kenntnis zuwider, so haften Sie dem Kunden gegenüber für etwaige Folgen wie den Paketverlust. Exkurs: Oft behalten sich die Versanddienstleister in den eigenen AGB eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Ersatzzustellung nach eigenen Regeln vor. Hier ist dann im Einzelfall eine Prüfung vorzunehmen.

Neue Kennzeichnungspflichten auf dem Paket

Der Versanddienstleister muss sicherstellen, dass ab dem 1. Januar 2025 Pakete über 10 kg bis 20 kg mit einem leicht verständlichen Hinweis auf das erhöhte Gewicht gekennzeichnet sind, Pakete über 20 kg müssen ebenso mit einem (sich vom vorherigen Hinweis unterscheidenden) Hinweis gekennzeichnet werden; und das noch, bevor das Paket den Bereich der Zustellung erreicht (=dem Versanddienstleister übergeben wird).

Fazit: Da der Versanddienstleister dies nur “sicherstellen muss”, ist stark davon auszugehen, dass die einzelnen Anbieter Sie als Online-Händler hier in die Pflicht nehmen und Ihnen entsprechende Aufkleber, Plaketten oder Piktogramme zum Anbringen zur Verfügung stellen werden. Diese sind dann vor dem Absenden am Paket anzubringen, folglich müssen Sie die Möglichkeit haben, die Pakete bei sich zu wiegen. Auch aufgrund etwaiger späterer Schadens- und Verlustmeldungen ist eine entsprechende Dokumentation des Paketgewichtes per se immer empfehlenswert. 

Möglichkeiten der Nachforschung

Im Verbrauchsgüterkauf haben nunmehr Empfänger als auch Absender das Recht, eine Nachforschung beim Versanddienstleister einzuleiten, wenn die vereinbarte Lieferzeit überschritten ist (z. B. beim mutmaßlichen Paketverlust). Wenn keine Lieferzeit vereinbart war, wird die regelmäßige übliche Lieferzeit herangezogen. Der Versanddienstleister hat diesen unverzüglich zu bearbeiten und über das Ergebnis zu unterrichten. 

Fazit: Regelungen, dass z. B. nur der Absender hier eine Nachforschung einleiten kann, werden ggf. unzulässig. Hier ist die gängige Praxis und etwaige Rechtsprechung abzuwarten. 

Lieferzeit-Berechnung

Für Sie als Online-Händler sind sicherlich noch die gesetzlich normierten Laufzeiten von Bedeutung, da diese die Grundlage für die eigene Lieferzeit-Berechnung sind, welche sich zusätzlich mit der Bearbeitungszeit Ihrerseits als Gesamtlieferzeit ergeben. 

Für inländische Brief- und Paketsendungen gilt, dass diese im Jahresdurchschnitt jeweils 95% an dem dritten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag und 99 % an dem vierten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag zuzustellen sind. 

Fazit: Kalkulieren Sie daher eine maximale Lieferzeit von 3-4 Werktagen bei Ihren Lieferzeiten im Online-Shop für den innerdeutschen Versand ein. Die Lieferzeit für das Ausland ist hier – je nach Lieferland – natürlich entsprechend länger anzugeben.

Ihr Ansprechpartner

Wirtschaftsjurist Stefan Kunze, LL.M.
info@hb-ecommerce.eu

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